emisure.lu - Allgemeine Projektbeschreibung Emisûre

Allgemeine Projektbeschreibung


EINLEITUNG


Im Ablauf kommunaler Kläranlagen werden vermehrt Mikroschadstoffe (z.B. Arzneimittel, Diagnostika, Pestizide, etc.) nachgewiesen. Aus Gründen des vorbeugenden Gewässerschutzes wurden daher für Einzelsubstanzen Umweltqualitätsnormen (UQN) festgelegt, die die Grundlage für zukünftige immissionsbasierte Anforderungen an die Einleitung von gereinigtem Abwasser darstellen. Für Arzneimittel gibt es noch keine UQN. Allerdings wurden sieben Wirkstoffe zur regelmäßigen Überwachung in eine Beobachtungsliste aufgenommen. Vor diesem Hintergrund wird europaweit die Ausrüstung kommunaler Kläranlagen mit einer sogenannten 4. Reinigungsstufe diskutiert, wobei derzeit jedes Land seine eigene 'Mikroschadstoff-Strategie' entwickelt.
Als Verfahren werden die Ozonung oder die Aktivkohleadsorption favorisiert, die jedoch den Energie- bzw. Ressourcenverbrauch der Kläranlagen deutlich erhöhen. Bei der Auswahl von geeigneten Maßnahmen spielen daher neben der Wirksamkeit insbesondere die damit verbundenen Kosten und Umweltbelastungen eine wesentliche Rolle. Die Zusammenhänge sind von besonderer Bedeutung für kleinere bis mittlere Kläranlagen, wie sie häufig in der Großregion – v.a. in Teilen von Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Luxemburg - zum Einsatz kommen. Dies erfordert die Entwicklung innovativer Strategien für die Implementierung und den Betrieb der 4. Reinigungsstufen auf überregionaler Ebene zum Erhalt und Schutz der Umwelt sowie Förderung der Ressourceneffizienz.

GRENZÜBERSCHREITENDER KONTEXT


Als für die Großregion repräsentatives Projektgebiet für die Entwicklung derartiger Strategien sowie zur Erprobung innovativer und nachhaltiger Technologien zum Umgang mit Mikroschadstoffen, wurde das Flusseinzugsgebiet der ‚Sauer‘ als grenzüberschreitendes Gewässer der Länder Belgien, Deutschland und Luxembourg gewählt.
Die Sauer (franz. Sûre) entspringt im Südosten von Belgien und weist eine Länge von insgesamt 173 km auf. Mit einem Einzugsgebiet von 4.259 km2 und einem mittleren Abfluss von 54 m3/s ist die Sauer das größte linke Nebengewässer der Mosel. Auf ca. 50 km bildet die Sauer die deutsch-luxemburgische Grenze, bis sie bei Wasserbillig in die Mosel mündet. Die Sauer bildet auf ihrer gesamten Fließstrecke die Vorflut für zahlreiche Einleitungen aus Regenentlastungen und Kläranlagen, die neben sauerstoffzehrenden Stoffen und Nährstoffen wir Stickstoff und Phosphor auch zahlreiche Mikroschadstoffe einleiten; daneben erfolgt ein diffuser Eintrag unterschiedlichster Belastungen, insbesondere aus der Landwirtschaft. Eine weitere besondere Problematik stellt der Eintrag von Fäkalbakterien durch eingeleitetes Abwasser dar; dies hat dazu geführt, dass in der ursprünglich als Badegewässer ausgewiesenen Sauer seit 2011 das Baden (nach luxemburgischer Rechtsprechung) offiziell verboten ist.

VORGEHENSWEISE


Ausgehend vom Status Quo im Einzugsgebiet der Sauer soll für ausgewählte Mikroschadstoffe anhand von Szenarien die Wirksamkeit von verschiedenen Maßnahmen – unter Berücksichtigung der Erprobung alternativer Technologien auf zwei Referenzkläranlagen - zur Reduzierung der Einträge von Mikroschadstoffen analysiert und bewertet werden. Zudem sollen Strategien für einen immissionsbasierten und ressourcenorientierten Betrieb der Technologien entwickelt werden, um den Gewässerschutz zu maximieren und den Energie- und Materialeinsatz sowie die monetäre Belastung zu minimieren. Zudem wird eine Methodik erarbeitet, die die Übertragung der gewonnenen Erkenntnisse auf ein ähnliches Einzugsgebiet im Saarland sowie auf die Großregion erlaubt. Gewonnene Erkenntnisse werden aufbereitet und Studierenden sowie Fachleuten vermittelt.

Das Vorhaben gliedert sich hierbei in folgende wesentlichen Aktionspakete auf:

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Aktion 1


Untersuchung und Bewertung des IST-Zustandes im Projektgebiet


Im Rahmen dieser Aktion erfolgt zunächst eine Bestandsaufnahme der IST-Situation bzgl. der Mikroschadstoffbelastung der Gewässer durch Auswertung vorhandener Daten. Für das Gebiet werden gebietsspezifische Referenzsubstanzen ausgewählt, und anschliessend hiermit eine Stoffflussmodellierung für die IST-Situation durchgeführt. Hauptergebnisse dieses ersten Arbeitspaketes stellt die Identifikation von Gewässerabschnitten mit auffällig hohen Belastungen (Belastungsschwerpunkte an der Sauer) sowie die Identifikation von ma?geblichen Eintragspfaden dar.

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Aktion 2


Weiterentwicklung von alternativen Verfahren zum Abbau von Mikroschadstoffen


Auf zwei repräsentativen Kläranlagen im Referenzgebiet (Kläranlage Echternach mit rund 20.000 angeschlossenen Einwohnerwerten und der Kläranlage Reisdorf/Wallendorf mit ca. 4.300 angeschlossenen Einwohnerwerten) werden im ersten Schritt Daten als Grundlage für die weiteren Untersuchungen erhoben (Betriebsparameter wie Aufenthaltszeiten, Schlammalter etc. aber auch Abbauleistung für relevante Stoffe; u.a. auch ausgewählte Mikroschadstoffe). Bei beiden Kläranlagen handelt es sich um sogenannte ‚Internationale Kläranlagen‘, die sowohl von luxemburgischen als auch von deutschen Kommunen Abwasser verarbeiten. Die Anlagen sind von ihrer Charakteristik her repräsentativ für zahlreiche Anlagen in der Gro?region, so dass eine hohe Übertragbarkeit der Ergebnisse gewährleistet erscheint. In einem ersten Arbeitsschritt werden im abwassertechnischen Labor der Universität Luxembourg Laboruntersuchungen mit Hilfe von Lysimetern durchgeführt. Die Lysimeter werden dabei mit unterschiedlichem Filtermaterial betrieben, und mit künstlichem Abwasser, welches unterschiedliche Konzentrationen an Mikroschadstoffen aufweist, beschickt. Neben der Wirksamkeit der bepflanzten Bodenfilter (‚Spezialbodenfilter‘) bezüglich des Abbaus von ausgewählten Mikroschadstoffen wird auch das Abbaupotenzial der für die Sauer ebenfalls relevanten Parameter ‚Keimbelastung‘ und ‚Phosphor‘ untersucht.


Aufbauend auf den Erkenntnissen der Laborversuche werden dann labor- und halbtechnische Untersuchungen auf den Referenzanlagen durchgeführt. Der Schwerpunkt der Untersuchungen soll hierbei auf zwei Ansätzen liegen:
  1. Wirksamkeit der (bewachsenen) Bodenkörper mit speziellem Aufbau und Materialauswahl; ggf. mit integrierter Zwischenbelüftung.,
  2. Der Optimierung des Abbaupotenzials der kommunalen Kläranlagen bzgl. Mikroschadstoffe durch Einstellung optimaler Betriebsbedingungen.
  3. Gezielte Zugabe von Makrosubstraten (bspw. Maltose) zur Unterstützung der Bildung von Enzymen, die für den biologischen Abbau bestimmter Mikroschadstoffe verantwortlich sind.

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Aktion 3


Entwicklung und Untersuchung von Szenarien zur ökoeffizienten Reduzierung des Mikroschadstoffeintrags


Ausgehend vom Status Quo soll anschließend für die ausgewählten Referenzsubstanzen anhand von Szenarien die Wirksamkeit von verschiedenen Maßnahmen bzw. Maßnahmenkombinationen – unter besonderer Berücksichtigung der Erkenntnisse der Labor- und halbtechnischen Untersuchungen auf den Referenzanlagen - zur Reduzierung der Einträge von Mikroschadstoffen über die verschiedenen Pfade mit Blick auf die resultierenden Gewässerkonzentrationen für das Gewässersystem der Sauer analysiert und bewertet (z. B. Kosten-Nutzen-Analyse) werden. Im Rahmen der Szenarienbetrachtung wird z. B. der Ausbau von Kläranlagen mit einem weitergehenden Reinigungsverfahren zur Mikroschadstoffelimination, die Elimination von Mikroschadstoffen an relevanten Punktquellen (z. B. Krankenhäusern) oder die Verminderung bzw. Vermeidung des Mikroschadstoffeintrags durch verändertes Nutzerverhalten bilanziert. Zudem sollen Strategien für einen immissionsbasierten und ressourcenorientierten Betrieb der eingesetzten weitergehenden Reinigungsstufen entwickelt werden, um einerseits den Gewässerschutz zu maximieren, andererseits den Energie- und Materialeinsatz sowie die monetäre Belastung der Beitrags- und Gebührenbezahler im Referenzraum zu minimieren.

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Aktion 4


Übertragung der Methodik sowie der gewonnenen Erkenntnisse auf anderes ein repräsentatives Projektgebiet im Saarland


Im Rahmen dieser Aktion wird im ersten Schritt zusammen mit dem Projektpartner EVS ein Referenzgebiet im Saarland ausgewählt. Im nächsten Schritt wird eine Methodik erarbeitet, um die im Rahmen von der Aktion 3 gewonnen Erkenntnisse auf das ausgewählte Gebiet zu übertragen. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse dienen dazu, eine verallgemeinerbare Handlungsanleitung zur Übertragung auf vergleichbare Gebiete in der Gro?region zu erarbeiten, und dienen zudem als Grundlage für die strategische Planung zum Umgang mit Mikroschadstoffen im Saarland.

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Aktion 5


Ableitung von Erkenntnissen zum strategischen Umgang mit Mikroschadstoffen in der Großregion


In einem fünften Arbeitsschritt erfolgt in Zusammenarbeit mit den strategischen Partnern aus Lothringen und der Wallonie eine Auswahl und Gruppierung von ähnlichen Gebieten in der Gro?region. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen im Sauer-Einzugsgebiet sowie im Saarland sollen „Handlungsempfehlungen“ für den Umgang mit Mikroschadstoffen für die Großregion abgeleitet werden, die als Grundlage zur Erarbeitung einer grenzüberschreitenden Strategie zur Mikroschadstoffelimination in der Gro?region dienen können. Die im Rahmen des Projektes gewonnenen Erkenntnisse werden abschlie?end zielgerichtet aufbereitet und zielgruppenspezifisch verbreitet.

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Aktion 6


Zielgerichtete Aufbereitung und Verbreitung der Projektergebnisse


Diese Aktion fasst die wesentlichen Projektergebnisse in einer Projektbroschüre (in deutscher und französischer Sprache) zusammen. Die Ergebnisse werden in Fachgremien und bei den Behörden vorgestellt. Die strategischen Partner werden als Ergebnis-Multiplikatoren gezielt eingebunden. Im Rahmen von Lehrveranstaltungen werden die Methoden und Erkenntnissen an Studierende als zukünftige Experten vermittelt. Studenten Arbeiten zum Thema 'Mikroschadstoffe' sollen auch betreut werden.

Die erwartenden Ergebnisse dieser Aktion sind unter anderem die

  • Schaffung von Grundlagen zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in der Großregion
  • Wissensvermittlung an zukünftige Experten
  • Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen
  • Erarbeitung von zukünftigen gemeinsamen Forschungsschwerpunkten; Anbahnung von Kooperationsprojekten
  • Sensibilisierung von Fachleuten und politischen Entscheidungsträgern für die Vorteile von grenzüberschreitenden Ansätzen und Lösungen

GRENZÜBERSCHREITENDER MEHRWERT DES PROJEKTES

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen des EmiSure-Projektes bietet zahlreiche Vorteile gegenüber nationalen, regionalen oder lokalen Lösungen. Insbesondere folgende Aspekte sprechen hinsichtlich der komplexen Thematik beim Umgang mit Mikroschadstoffen für transnationale Ansätze:
  • Bündelung von Fachkompetenz
Die länderübergreifende Zusammenarbeit im Rahmen des EmiSure-Projektes bietet die Möglichkeit, Fachkompetenz der unterschiedlichen beteiligten Zielgruppen zu bündeln sowie Laborausstattung und Kapazitäten optimal auszunutzen
  • Nutzung von spezifischem Wissen über naturräumliche Gegebenheiten

Die Einbindung und Vernetzung von Kläranlagenbetreibern, Mitarbeitern der Wasserverwaltungen sowie anderen Experten führt zu einem detaillierten spezifischen Wissen über die Referenzgebiete inkl. der Wasserkörper und Emittenten, welches im Rahmen von rein nationalen oder regionalen Projekten so nicht verfügbar wäre.

  • Grenzüberschreitender Gewässerschutz
Länderübergreifende und transparente Strategien, wie sie im Rahmen des EmiSure-Projektes entwickelt werden sollen, bieten die Möglichkeit einer abgestimmten Vorgehensweise, bei der immissionsbasierte Lösungen entwickelt werden. Hierdurch wird grenzübergreifend der Gewässerschutz maximiert.
  • Entwicklung von ressourceneffizienten und wirtschaftlichen Lösungen
Die bislang übliche Vorgehensweise, dass jede Region, jedes Bundesland und jeder Staat eine eigene ‚Mikroschadstoffstrategie‘ entwickelt, ist der komplexen Problemstellung nicht angemessen und führt zu nicht abgestimmten, ökonomisch nicht optimalen Lösungen. Länderübergreifende und transparente Strategien, wie sie im Rahmen des EmiSure-Projektes entwickelt werden sollen, bieten die Möglichkeit einer abgestimmten Vorgehensweise, bei der ressourcenorientierte Lösungen entwickelt werden. Hierdurch wird grenzübergreifend der Gewässerschutz maximiert, sowie der Energie und Materialeinsatz sowie die monetäre Belastung minimiert.
  • Bildung von Netzwerken auf wissenschaftlicher als auch auf Betreiber- und Verwaltungs-Ebene
Die im Rahmen des Projektes gebildeten Netzwerke zwischen den wissenschaftlichen Einrichtungen in der Großregion erleichtern die Beantragung von Folgeprojekten auf europäischer und nationaler Ebene und sorgen für eine bestmögliche Nutzung von wissenschaftlichen Kapazitäten und Ressourcen. Aber auch auf der Ebene der Kläranlagenbetreiber sowie der Verwaltungen führen die Daten, Informationen und Wissen zu einer weitergehenden Vernetzung. Das persönliche Kennenlernen im Rahmen eines derartigen Projektes fördert somit eine spätere Kooperation erheblich.

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